Wir alle lügen – jeder!

Gleich zu Beginn steht allerdings eine bittere Wahrheit: Wir alle lügen, nachgewiesen mehrmals am Tag, selbst wenn wir uns etwas selbst vormachen und sprichwörtlich nur in die eigene Tasche lügen. Es ist so, daran führt kein Weg vorbei. Schlimm ist nur, wenn die Lüge zum Selbstzweck wird, sie Mittel ist, um für sich etwas zu erreichen, was man unter Wahrheitsbedingungen nie bekommen hätte. Und schlimm ist, wenn die Lüge zur Gewohnheit wird. So wie es notorische Diebe gibt, treffen wir auch auf Berufslügner.

Vergessen Sie deshalb die kleinen Notlügen des Alltags und die, die wir unwillkürlich instinktiv als reinen Abwehrmechanismus von uns geben, die uns so rausrutschen, weil sie uns manchmal auch in den Mund gelegt werden. Und noch eins: In den ersten zehn Minuten wird am meisten gelogen. Dass Männer mehr lügen sollen als Frauen, ist ein weit verbreiteter Mythos, nichts mehr. Doch Männer lügen anders als Frauen, mehr über Arbeit und Geld, dann über Seitensprünge, was aber Frauen auch können. Seien Sie vorsichtig vor abenteuerlustigen und draufgängerischen Männern. Wer schon die Verkehrsregeln nicht so genau nimmt, wird auch nicht treu in der Partnerschaft sein.

An ihrem Handeln werdet Ihr sie erkennen!

Die Lüge ist so alt wie die Menschheit. Deshalb sind ihre Erforschung und der Versuch, sie aufzudecken, ebenso alt. Doch in neuerer Zeit ist man sogar wissenschaftlich an das Erkennen von Lügen herangegangen. Dabei hat man Erstaunliches festgestellt: Nicht das, was wir von uns geben, überführt uns der Lüge, sondern mehr noch unsere körperlichen Signale.

Lüge bedeutet Stress und Anstrengung; Menschen unter Stress reagieren anders als normal, eben nicht cool und lässig, sondern unnatürlich. Um aber unnatürlich von natürlich zu unterscheiden, müssen Sie einen Menschen erst einmal richtig kennenlernen. Sie sollten Abweichung von seinem Normverhalten herausfinden. So wie man eine Waage erst einmal kalibriert (einstellt auf den Nullpunkt), damit sie ein exaktes Gewicht anzeigt, müssen Sie auch einen Menschen mit seinem alltäglichen Habitus kennenlernen. Also sollten Sie auch für sich selbst die Person, die Sie überprüfen wollen, erst einmal kalibrieren. Wie dieser wichtige Trick genau funktioniert, erfahren Sie später. Und da jeder Mensch anders lügt und sich im Normalverhalten individuell differenziert, kommt es darauf an, jeden zuerst einmal unverfänglich abzuklopfen.

Was ist eine Lüge?

Was eine Lüge ist, liegt auf der Hand: Ich sage etwas Unwahres, genau das Gegenteil von dem, was wahr ist. Aber auch das Weglassen von wichtigen Informationen, also Halbwahrheiten, ist klar der Lüge zuzuordnen.

Die klassische Lüge passiert in der Polizeivernehmung oder vor Gericht. „Sind Sie in den Laden eingebrochen? Haben Sie Ihren Nachbarn umgebracht?“ – „Nein, ich war es nicht!“ In gewisser Hinsicht wird hier sogar einem Delinquenten zugebilligt, dass er lügen darf, um einer harten Strafe zu entgehen. Deshalb legt es unser Rechtssystem darauf an, eine Lüge klar zu überführen, wenn nicht schon durch das Bekenntnis des Angeklagten, so doch durch einen schlüssigen Indizienbeweis. Und hier sind erstaunliche Fortschritte gemacht worden. Mit Hilfe von DNA-Spuren kann man sogar noch nach Jahrzehnten Lügner überführen und Verbrechen aufklären.

Lügen sind normalerweise gar nicht leicht als solche erkennbar. Allenfalls die Spezialisten von der Polizei erkennen schnell, wo jemand lügt – an der Art der Antwort und an Körperreaktionen. Aber vergessen Sie es, einen der Lüge zu bezichtigen, nur weil er Ihren Blicken ausweicht. Solche Zeichen deuten Sie meistens falsch – oder die verschränkten Arme als Abwehrhaltung einzustufen, ist auch nicht immer richtig.

Schon die Bibel definiert unter den zehn Geboten, den Zeugen der Wahrheit (wie man sie auch nennt) und dem Grundgesetz des Lebens im achten: „Du sollst kein falsches Zeugnis von dir geben wider deinem Nächsten.“ Heißt nichts anderes, als überall die Wahrheit zu sagen und die Taten des Nächsten wenn immer möglich positiv auszulegen. Es verbietet uns also jede Art von Falschheit, also auch die gegenüber anderen, was gemeinhin als üble Nachrede, Verleumdung, Herabsetzung – und eben Lüge bezeichnet wird.
„Geht es Ihnen heute gut“, wird die krebskranke Frau gefragt. Müde lächelnd antwortet sie mit einem gequälten „Ja“, weil sie die Schmerzen verspürt – und sie hat glatt gelogen.

„Meyer, haben Sie die Power Point-Präsentation für den Vortrag heute Mittag fertig?“ – „Aber sicher doch, Chef, alles perfekt – Ihre Wünsche sind berücksichtigt!“ Glatt gelogen, der Kollege kommt nämlich jetzt erst richtig ins Schwitzen.
„Habt Ihr im Lotto gewonnen? So ein großes neues Auto muss doch echt ne Stange Geld kosten. – „Na klar doch, ne Million!“ Ist das nun Lüge oder nur Flunkern? Die Nachbarn haben nämlich einen Kredit aufgenommen.

Manchmal sind die Grenzen zwischen Lüge und Übertreibung fließend. Kommt es überhaupt noch auf die Wahrheit an? Wen interessiert es schon, woher das Geld für den neuen Wagen kommt? Das Unrechtsbewusstsein für Lug und Betrug verschwindet mehr und mehr.

Ist Lüge im Internet nicht Selbstschutz?

Wir leben in einem weiteren Dilemma: Der Mensch ist so löchrig geworden wie ein Schweizer Käse. Wir sind gläsern, auch in unseren Gedanken. Allein die Datensammlungen im Internet machen unser Verhalten, unsere Vorlieben und Interessen für jedermann abrufbar. Ist es da nicht allzu verständlich, dass wir tagein tagaus unsere wahre Identität verbergen – und lügen? Lügen aus reinem Selbstschutz – darf man das? Man rät ja sogar, Phantasienamen und –Profile anzulegen. Die Lüge an und für sich hat einen anderen Stellenwert bekommen. Seien Sie also generell vorsichtig, im Web Ihre wahre Identität, Telefonnummer oder Adresse preiszugeben, geschweige denn, Ihre Kontonummer und Geheimzahl. Da müssen Sie sich schon verdammt sicher sein.

Aber wie so oft entscheiden ja leider Emotionen, und wenn es vorgegaukelte Gefühle sind. Unsere Zeit begünstigt also das Flunkern, und warum dann nicht auch an der Supermarktkasse, ob man Biobananen oder normale eingepackt hat, bei der Politesse, ob man vielleicht gerade erst angekommen ist und eben einen Parkschein ziehen wollte, bei der Lehrerin über die nicht erledigte Hausarbeit, bei den Eltern über den Drogenkonsum und so weiter. Wir lügen, dass sich die Balken biegen.

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