Kompliziertes Sprachempfinden

Wir wundern uns oft, dass wir nicht verstanden werden. Woran liegt das nur? In den meisten Fällen ist es einfach nur ein unterschiedliches Verständnis von ein und derselben Situation. Menschen sind Individuen und jeder geht mit unterschiedlicher Betrachtungsweise an ganz normale alltägliche Situationen heran. So entstehen völlig konträre Auffassungen. Es gibt Menschen mit einer blühenden Fantasie und andere, die eher nüchtern an eine Sache herangehen. Und schon haben wir zwei verschiedene Bewertungen, Empfindungen oder auch Urteile. Sie sagen etwas und erwarten, dass Ihr Gegenüber es genau so versteht, wie Sie es meinen. Ihr Gegenüber versteht aber etwas völlig anderes und reagiert auch dementsprechend. Wie soll da ein problemloser Smalltalk zustande kommen? Es ist immer eine Frage von Sender und Empfänger: Sie senden bestimmte Signale aus, Ihr Zuhörer hat die Antenne aber in die falsche Richtung ausgefahren. Ihre Botschaft kann gar nicht ankommen oder nur verzerrt.
Missverständnisse nennen wir das. Dadurch sind Freundschaften in die Brüche gegangen und sogar Kriege ausgetragen worden. Missverständnisse sind allzu menschlich, denn es gibt leider nicht die eine klare Sprache. Es gibt Nuancen in Übersetzungen, die Verträgen ganz unterschiedliche Bedeutungen geben. Daraus entsteht Streit. Kommunikation ist ein ganz schwieriges Geschäft, das nur die wenigsten beherrschen. Deshalb kommt es im Smalltalk auch auf ein klares Verstehen des Gesprächspartners an.

Warum bin ich nur so verklemmt und schüchtern?

Meist passiert einem das ja bei dem ersten Freund oder der ersten Freundin. Sie begegnen zum ersten Mal näher dem anderen Geschlecht und wissen nicht, wie Sie es am besten anstellen sollen. Das kann einem auch noch im späteren reiferen Leben passieren. Ihre Traumfrau läuft Ihnen im Bus oder auf der Straße über den Weg und Sie bringen plötzlich keinen Ton mehr heraus, schauen ihr hilflos mit offenem Mund hinterher. Ja hätten Sie doch nur ein Hallo gesagt. Hätte, könnte, wollte ist vorbei. Sie werden dieser Schönheit wahrscheinlich nie mehr wieder begegnen – Chance verpasst. Sie waren einfach zu schüchtern, etwas zu sagen und sie in einen Smalltalk zu verwickeln.
Drastischer ausgedrückt kann man auch fragen: „Sind Sie verklemmt, wenn es um neue Bekanntschaften geht?“ Nehmen Sie sich doch ein Beispiel an einem aus Funk und Fernsehen bekannten Flirtexperten – ein wahrer Experte im Kontakten. Bei seinem Spiel geht es immer darum, wildfremde, junge sympathische Damen bei der Arbeit anzurufen und es dann zu schaffen, deren private Handynummern zu bekommen. Jedes Mal wenn er erfolgreich ist, ertönt die Sieges-Fanfare, wenn nicht, das Niederlagen-Trörö. Der Flirter gibt sich nie geschlagen, er bleibt dran und macht den Frauen Komplimente. Selbst hartnäckige Damen knackt er. Schlagfertig und dreist kommt der Flirter meist weiter. Was soll ihm schon passieren?
Einen Korb zu bekommen, betrachten ja die meisten Männer immer noch als eine Schande, für die sie allzu gerne in den Boden versinken möchten. Warum eigentlich? Hier liegt genau der Dreh- und Angelpunkt. Statt zu sagen „Andere Mütter haben auch schöne Töchter – also auf zur nächsten!“, fühlen Sie sich in ihrer Männlichkeit gekränkt. Sie trauen sich erst gar nicht mehr, werden verklemmt und schüchtern. So entgeht ihnen garantiert jede Chance.
Sie müssen grundsätzlich Ihre Einstellung ändern, dürfen eine Absage nicht als Katastrophe empfinden. Im Gegenteil: Jede Niederlage ist doch nur eine neue Chance, es das nächste Mal besser zu machen. Einen Korb zu bekommen, ist doch eher normal als dass es gleich auf Anhieb passt. Ihnen läuft die Traumfrau über den Weg, Sie sind aber ausgerechnet nicht gerade der Traummann dieser Lady – so einfach ist das.
Eine gewisse Spontanität brauchen Sie allerdings auch. Sie dürfen nicht auf den Mund gefallen sein. Ein Trick des Flirters ist es, wildfremde Frauen anzurufen und dann so zu tun, als habe man Sonja am Apparat: „Hallo ich habe zwei Karten für die Vernissage heute Abend, wann kann ich dich abholen?“ Sie wird verdutzt reagieren und sagen: „Ich glaube, Sie haben sich verwählt!“ – „Ist da nicht Sonja?“ Natürlich nicht. „Da ich dich – ich darf doch Du sagen – nun schon mal am Apparat habe, hast Du Lust, heute Abend mitzugehen. Deine Stimme klingt sehr sympathisch. Ich könnte mir vorstellen, dass wir einen sehr netten Abend verbringen?“ Daraus kann sich ein toller Smalltalk entwickeln. Man muss den Überraschungsangriff nutzen und sein Gegenüber überrumpeln. Schon haben Sie jemanden zum Gespräch eingefangen. Hartnäckigkeit zeichnet Sie aus, bleiben Sie dran. Sie können die Partnervermittlung anrufen und gleich mit der Frau am Apparat flirten – „Ich suche eine blonde schlanke Dame zwischen 25 und 35, die intellektuell nicht gerade auf den Kopf gefallen ist – Was haben Sie studiert? Ach Germanistik, dann können Sie ja auch schreiben. Verdammt, das passt. Darf ich Sie einladen, das käme sicher billiger, als den teuren Monatsbeitrag in Ihrer Partnervermittlung zu bezahlen – oder? Nun sagen Sie schon ja, ich bin ein interessanter Typ und witzig auch, das merken Sie ja gerade.“
Sie können Ihren Weg aus der Verklemmtheit trainieren, indem Sie wildfremde Menschen auf der Straße, im Supermarkt oder in der Bahn einfach ansprechen. Fragen Sie nach dem Weg, nach bestimmten Preisen oder dem nächsten Halt. „Entschuldigen Sie, fährt diese Bahn zum Flughafen?“ – „Wie komme ich am besten zum Hauptbahnhof?“ – „Wissen Sie, wo die Bananen aus dem Sonderangebot sind?“ Einfach drauf los, reden Sie, fragen Sie, treten Sie in Kontakt mit Ihnen völlig unbekannten Menschen. Sie kennen Ihr Gegenüber nicht, genau das macht den Reiz aus – wie bei einem Smalltalk. Und mit der einen Frage ist es nicht getan, das war doch nur der Starter. Verwickeln Sie Ihre Gesprächspartnerin in einen längeren Talk.
Der Schüchternheit wirkt man auch so entgegen: Bleiben Sie immer der, der Sie auch wirklich sind – authentisch nennt man das. Machen Sie aus sich selber keine andere Person, spielen Sie nicht. Entweder mag man Sie so, wie Sie sind – oder eben nicht. Wer Sie so nicht annimmt mit allen Ecken und Kanten, wird über kurz oder lang sowieso etwas finden, warum er mit Ihnen nicht in Kontakt tritt.
Politiker reden in einer bestimmten Sprache, Journalisten schreiben in ihrem eigenen Stil – man nennt das die Schreibe. Verbiegen Sie sich nicht, nur um anderen zu gefallen. Das halten Sie nicht durch, irgendwann kommt Ihr wahres Ich sowieso heraus. Machen Sie immer nur das, wozu Sie auch bereit sind – nicht das, was andere wünschen. Wenn Ihr Partner meint, Sie seien zu verklemmt, weil Sie jetzt keinen Sex haben wollen, dann kann man ihm nur attestieren, dass er rücksichtslos und egoistisch ist. Warum kann er nicht akzeptieren, dass Sie jetzt nicht wollen?
Auch unsere Körpersprache sagt viel über unsere Kommunikationsfähigkeit aus. Wer den Kopf zwischen den Schultern einklemmt oder seine Brust nach vorne gebeugt zwischen den Oberarmen versteckt, ist ein verschlossener verklemmter Typ. Er tritt wenig offen anderen Menschen gegenüber auf. Wer wegschaut, hat Angst, anderen ins Gesicht zu blicken – er ist schüchtern und fürchtet sich davor. Vielleicht findet sie ihr eigenes Gesicht nicht besonders attraktiv, die Sommersprossen ekelhaft. Deshalb schaut sie immer auf den Boden, anderen Leuten aber nie direkt ins Gesicht – aus Angst vor Ablehnung. Gerade dann aber sollten Sie offensiv Menschen anschauen, Sie haben doch nichts zu verbergen.
Auch der Gang sagt viel aus. Tritt jemand energisch auf oder tippelt er unsicher durch den Raum? Muss sich jemand ständig an irgendetwas festhalten? Gehe ich gerade aufrecht oder gebeugt?
Die Gestik zeigt offene oder verschlossene Typen. Wer seine Arme öfter mal weit öffnet, der ist kommunikativ und zu jedem Smalltalk bereit.
Achten Sie also insgesamt auf Ihren Auftritt, üben Sie den zu Hause vor einem großen Spiegel oder vor der besten Freundin/dem besten Freund. Wie kommen Sie bei anderen überhaupt an? Wie gehen Sie, wie gestikulieren Sie, welche Mimik legen Sie an den Tag? Sie müssen es erreichen, dass Sie einen Raum betreten und diesen mit Ihrer Aura füllen. Man muss von Ihnen sagen: Mensch, wenn Alexander den Saal betritt, dann kleben alle Blicke an ihm – wie macht der das nur? Das hat etwas mit Aussehen zu tun, aber mindestens zu 50 Prozent auch mit Ihrem Auftritt, wie Sie sich im Raum bewegen.
Auch Ihre Wortwahl spricht Bände. Vielleicht, eventuell, möglicherweise und so weiter klingen doch eher zaghaft, nicht bestimmt. Wer ins Stocken oder gar Stottern gerät, ist doch unsicher und wird nur ungern als Gesprächspartner gewählt.
Manche Leute haben leider auch ein Handicap – etwa ein ausgewachsenes Mannsbild mit einer hohen Stimme oder eine Frau mit einer rauchigen tiefen Aussprache. Das passt einfach nicht zusammen. Aber auch davon dürfen Sie sich nicht einschüchtern lassen – Sie sind so, wie Sie nun mal sind. Machen Sie das Beste daraus. Sie können an Ihrer Figur noch so viel herummäkeln, größer oder kleiner werden Sie dadurch nicht. Wir können uns nicht verbiegen. Spielen Sie deshalb keine Rolle, in die Sie nicht hineinpassen.

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